Hier erzählt Susanne Henke von ihrer USA-Reise im Herbst 2022 anlässlich der 63. Jahreskonferenz der American Translators Association. Ihren Blog finden Sie unter susanne-henke.de/ blog.

Protokoll meiner USA-Reise im Herbst 2022 und der Konferenz der American Translators Association in Los Angeles.

Die 63. Jahreskonferenz der American Translators Association aus deutscher Freelancer-Perspektive

von Susanne Henke, CT

Teil 1: Kalifornien: Eintauchen in Sprache und Kultur und Warmlaufen für die Konferenz

Teil 2: Die Konferenz: Eine Erfahrung der besonderen Art und Dreh- und Angelpunkt dieser Erzählung

Teil 3: Hawaii: Ein Lehrstück darüber, wie man an den unwahrscheinlichsten Orten Leads generiert

Schon gespannt? Gut, ich fasse mich kurz, versprochen!

Teil 1: Kalifornien: Eintauchen in Sprache und Kultur und Warmlaufen für die Konferenz

Was macht in Ihren Augen einen fähigen Übersetzer aus? Was ist sein größtes Kapital? Richtig! Seine Sprachkenntnisse! (Von den anderen Kenntnissen, die einen professionellen Fachübersetzer definieren, ist in Teil 2 die Rede.) Ist Sprache statisch und kann ein Übersetzer daher sein Leben lang von den in Schule, Studium und länger zurückliegenden Auslangsaufenthalten erlernten Sprachkenntnissen zehren? Ganz klares Nein!

Sprache ist ständig im Fluss. Nicht zuletzt der technische Fortschritt beschert uns immer wieder ganz neue Wortschätze. Die Sprache ist auch ein Spiegel gesellschaftlicher Veränderungsprozesse. Und Sprache und Gesellschaft lassen sich niemals getrennt voneinander betrachten. Wortspiele, idiomatische Ausdrücke, Anspielungen aller Art versteht nur, wer regelmäßig in Sprache und Kultur eintaucht. Das braucht Zeit, und daher habe ich mir zum Warmlaufen vor der Konferenz Zeit für eine Reise durch Kalifornien genommen. Eine wichtige Etappe meiner Reise war San Francisco, wo ich eine Woche verbrachte.

Teil 2: Die Konferenz: Eine Erfahrung der besonderen Art

Der Wow-Effekt stellt sich spätestens beim Betreten der Lobby des Konferenzhotels ein, das mitten im Finanzdistrikt von Los Angeles liegt und aufgrund seiner aufwendigen Bauweise schon Drehort einiger Hollywoodfilme war. Man merkt sofort, dass die 63. Jahreskonferenz der American Translators Association (ATA) hochprofessionell und glamourös (ein Wort, das mir sonst nie über die Lippen kommt) aufgezogen ist. Was für eine willkommene Abwechslung vom Homeoffice-Alltag der zurückliegenden Pandemiejahre!

Spätestens beim Abendempfang auf der Dachterrasse mit Blick über die Skyline von L.A. fängt man an, sich als Teil dieser besonderen Gemeinschaft zu fühlen, strafft innerlich die Schultern und stürzt sich angenehm aufgeregt ins Getümmel. Der Empfang ist herzlich. Manche Kolleg:innen kennt man schon persönlich, manche kannte man bisher nur aus den sozialen Medien oder von Diskussionsplattformen der ATA und des BDÜ. Es stellt sich sofort ein Gefühl der Kollegialität ein, aus Bekannten werden Freunde und Pläne werden geschmiedet.

Damit auch Sie in diese Atmosphäre eintauchen können, habe ich am Ende dieses Artikels meine persönliche Linksammlung mit Bildern eingefügt.

Die Konferenz als Lernort

In Teil 1 haben wir schon kurz darüber gesprochen, was einen guten Übersetzer definiert. Nun, das Thema Sprache ist schon abgehakt und ist wirklich nichts weiter als die Grundvoraussetzung für die Ausübung dieses schönen und traditionsreichen Berufs. Was kommt Ihnen sonst noch in den Sinn? Welche Anforderungen muss ein Fachübersetzer erfüllen, um seinen Kunden einen echten Mehrwert zu bieten? Englisch kann heute schließlich jeder, oder?

Nun, folgende Fähigkeiten gehören in den Werkzeugkasten und müssen laufend nachgeschärft werden:

  • Fachkenntnisse in allen angebotenen Fachgebieten, um Kunden auf Augenhöhe begegnen und hilfreiche Lösungen anbieten zu können
  • Verständnis sprachlicher Feinheiten und Trends, damit die Übersetzungen beim Zielpublikum auf Akzeptanz stoßen
  • Technisches Know-how, um branchen- und unternehmensspezifische Terminologie konsequent anwenden und Kunden technisch ausgefeilte Lösungen bieten zu können
  • Netzwerken, um Kunden bei Bedarf Kolleg:innen mit anderen Fachgebieten und Arbeitssprachen vermitteln zu können
  • Arbeitsorganisation, um zeitsparend und damit für Kunden günstig arbeiten zu können
  • Betriebsführung und Steuern, um langfristig am Markt bestehen und Kunden über viele Jahre ein kompetenter Ansprechpartner sein zu können

Die ATA-Konferenz ist der ideale Ort, um diese Fähigkeiten auf den neuesten Stand zu bringen.

Gestärkt vom gemeinsamen Continental Breakfast in ausgelassener Atmosphäre, geht es am ersten Morgen zur Auftaktveranstaltung, wo die amtierende ATA-Präsidentin Madalena Sánchez Zampaulo und ihre designierte Nachfolgerin, Veronika Demichelis, über die Konferenz-Highlights und aktuelle Entwicklungen und Zahlen zur American Translators Association informieren.

Jetzt gilt es, aus einem riesengroßen Weiterbildungsangebot zu wählen. Ich besuche während der Konferenz unter anderem die folgenden Vorträge:

  • How to Keep Track of Your Marketing Efforts with Ease, präsentiert von Molly Yurrik
  • Whys and Wherefores of Pronominal Adverbs in German to English Translation, präsentiert von Michael Schubert, CT
  • The Language of Diversity — in German, präsentiert von Lisa Rüth, die von der German Language Division der ATA als Distinguished Speaker eingeladen ist
  • Institutional Websites: Tera Resources for Translators, präsentiert von Françoise Herrmann
  • How to Build Your Network before You Actually Need It, präsentiert von Judy Jenner
  • Unlocking the Power of Syntax in German, präsentiert von Lisa Rüth

Neugierig? Die Vorträge sind nicht nur lehrreich, sondern auch meistens interaktiv angelegt, humorvoll und kurzweilig und machen definitiv Lust auf mehr! In meiner persönlichen Linksammlung mit Bildern am Ende dieses Artikels finden Sie weitere Informationen.

In den Pausen zwischen den Veranstaltungen findet sich immer wieder die Gelegenheit für ein spontanes Gespräch mit einer Kollegin. Am ersten Abend wage ich mich zum Speed-Networking, aus dem ich eine Stunde später mit rauchendem Kopf aber um eine wichtige Erfahrung (und etliche Visitenkarten) reicher wieder auftauche.

Die Konferenz als Networking-Trainingscamp

Netzwerken gehört zu den zentralen Fähigkeiten, die Freiberufler:innen beherrschen müssen, um sich langfristig beruflich weiterzuentwickeln und ihren Kundenstamm auszubauen.

Die ATA-Konferenz bietet schier endlose Möglichkeiten, sich mit anderen zu vernetzen. Vom lockeren Gespräch in der einladenden Hotellobby, über groß aufgezogene Speed-Networking-Veranstaltungen, eine Jobmesse in zwangloser Atmosphäre bis hin zum abendlichen Networking Social im Restaurant.

Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang den herzlichen Empfang und die Networking-Veranstaltungen der German Language Division (GLD) unter der Federführung von (in alphabetischer Reihenfolge) Karen Leube, Robin Limmeroth, Marion Rhodes und Carlie Sitzman.

Die ATA-Konferenz ist der ideale Ort, um auch introvertierte Kolleg:innen nach und nach aus ihrer Schale zu locken, ganz schmerzfrei!

Was ich an der ATA-Konferenz sonst noch bemerkenswert finde:

  • Die langfristige Terminplanung – erleichtert die Reiseplanung
  • Die eigens programmierte Konferenzapp – sorgt für optimalen Überblick
  • Der Fokus auf Networking – setzt genau da an, wo es bei vielen von uns hapert
  • Die außerordentliche Kollegialität und Offenheit – wärmt das Herz
  • Die Präsenz in den sozialen Medien – ist vorbildlich und heute ein Muss
  • Angebote wie Mindful Movement, um gemeinsam den Tag einzuläuten, bis hin zur abendlichen Zumba-Session

Die Konferenz verbuche ich insgesamt als sehr positive und wichtige Erfahrung und der Abschied von den Kolleginnen und Kolleginnen fällt mir am Ende nicht ganz leicht. Nur gut, dass die ATA schon einen Veranstaltungsort und Termin für die nächste Jahreskonferenz festgelegt hat!

Persönliche Linksammlung zur Illustration:

Teil 3: Hawaii: Ein Lehrstück darüber, wie man an den unwahrscheinlichsten Orten Leads generiert

Die dritte und letzte Reiseetappe sollte wieder an den ersten Teil anknüpfen – Eintauchen in Sprache und Kultur – und mir vor der Rückkehr in den Büroalltag, wo meine Kunden sehnsüchtig meine Rückkehr erwarteten, eine kleine Verschnaufpause verschaffen.

Die Konferenz hatte jedoch Spuren in meiner Seele hinterlassen. Ich reiste als veränderter Mensch nach Hawaii. Mein introvertiertes Freiberufler-Ich lugt seit der Konferenz immer wieder vorwitzig hinter seiner Schale hervor. So geschah es, dass ich bei einer organisierten Kleingruppentour auf Big Island einen Geschäftskontakt knüpfte, auf den das Adjektiv „vielversprechend“ mehr als zutrifft. Bei der kurzen Vorstellungsrunde zu Beginn unsere ganztägigen Tour habe ich den Anlass meine Reise („eine Konferenz in L.A.“) genannt und erwähnt, dass ich aus Deutschland bin. Das weckte das Interesse eines anderen Teilnehmers und wir waren schon bald in eine lange Unterhaltung vertieft und fingen an, eine mögliche Zusammenarbeit auszuloten.

Das Mantra, das die Networking-Guru-Weltgemeinde unablässig verkündet, „Gehe dahin, wo deine Kunden sind“, hat sich also einmal mehr bewahrheitet. Daraus können Sie, liebe Leser:innen, gerne Ihre eigenen Schlüsse ziehen.

Womit wir auch schon am Ende dieser Erzählung angelangt sind. Wie es jetzt weitergeht? Keine Frage, kommenden Oktober unternehme ich eine Reise zur 64. Jahreskonferenz der American Translators Association im Miami.

Über die Autorin:

Hier erzählt Susanne Henke von ihrer USA-Reise im Herbst 2022 anlässlich der 63. Jahreskonferenz der American Translators Association. Ihren Blog finden Sie unter susanne-henke.de/ blog.

Seit 1995 ist Susanne Henke – zunächst von den USA und heute von Deutschland aus – für Kunden in aller Welt tätig. Zu ihrem Kundenkreis zählen Gesundheits­einrichtungen, Medizintechnik- und Pharmaunternehmen, Anwalts­kanzleien und Wirtschafts­unternehmen.

Als öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Übersetzerin für die englische Sprache (Landgericht Augsburg) erstellt sie unter anderem beglaubigte Übersetzungen in ihren Fachgebieten Medizin, Recht und Persona­lwesen (HR).

Hier erzählt sie von ihrer USA-Reise im Herbst 2022 anlässlich der 63. Jahreskonferenz der American Translators Association. Ihren Blog finden Sie unter susanne-henke.de/ blog.

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